«Faire Arbeitsteilungen zwischen festangestellten und temporären Mitarbeitenden in der Pflege»

Das MP Expertengespräch zum Thema «Faire Arbeitsteilungen zwischen festangestellten und temporären Mitarbeitenden in der Pflege» mit Alessia Schrepfer, Co-Founder & Co-CEO von WeNurse AG.


Frau Schrepfer, in einer Zeit, in der die Temporärarbeit in der Pflege oft als Teil des Problems und nicht als Teil der Lösung angesehen wird, durften Sie für WeNurse (1) den Preis als Jungunternehmerin 2024 des Swiss Economic Forum entgegennehmen. Warum? Der Ansatz von WeNurse beruht auf Vertrauen, Qualität und einem tiefen Verständnis für die Bedürfnisse aller Beteiligten. Der Umstand, dass Pflegende als Mitaktionär:innen Verantwortung übernehmen, trägt wesentlich dazu bei, dass sich das Bild der Temporärarbeit und das der Pflegefachkräfte sich positiv verändert. Der Preis des Swiss Economic Forum ist eine Bestätigung unseres innovativen Ansatzes und ich bin stolz darauf, Teil eines Teams zu sein, das einen echten Unterschied macht.


Der Bundesrat prüft aktuell eine detaillierte Regelung für die Arbeitsbedingungen in der Pflege. Diskutiert werden eine verlängerte Ankündigungsfrist für Dienstpläne und eine verkürzte Arbeitszeit. Was bedeutet dies für Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber? Die Umstellung mag zunächst eine Herausforderung sein, aber mit der Zeit könnte es zur neuen Normalität werden. Ich befürworte sehr eine verlängerte Ankündigungsfrist für die Dienstpläne. Angesichts der unregelmässigen Arbeitszeiten und der begrenzten Anzahl an Freiwünschen ist dies von grosser Bedeutung für die Mitarbeitenden. Ich persönlich finde die Idee eines Jahres- oder Halbjahresplans äusserst attraktiv, wie es beispielsweise im Rettungsdienst in Zürich praktiziert wird. Warum also nicht auch in der Pflege?

Eine verkürzte Arbeitszeit sehe ich nicht als Lösung angesichts des Fachkräftemangels. Es würde bedeuten, dass weniger Zeit für die Arbeit zur Verfügung steht, was letztendlich zu mehr Belastung führen könnte. Zudem wäre dies unfair gegenüber anderen Branchen und Berufen.

 

Pflegefachleute als Aktionärinnen eines privaten Unternehmens. Warum soll ich mich als Pflegefachfrau, als Pflegefachmann auf ein solches Wagnis einlassen? Finanziell betrachtet bietet unsere Initiative ausschliesslich Chancen und kein Risiko. Unsere Pflegefachkräfte erhalten marktgerechte Löhne und müssen keine finanziellen Investitionen tätigen. Die Möglichkeit flexibler zu arbeiten, ist nicht nur für die einzelne Mitarbeiter:in attraktiv, sie leistet auch einen Beitrag dazu hochqualifizierte Fachkräfte im Gesundheitssystem zu halten. Wir sind überzeugt davon, dass wir gemeinsam viel erreichen können, sei es in Bezug auf die Qualität der Versorgung, wie auch hinsichtlich des Aufbaus eines eigenverantwortlichen Systems.

 

Noch ist WeNurse AG ein Startup Unternehmen. Wo sehen Sie Frau Schrepfer und Ihre Co-Unternehmer:innen die Zukunft von WeNurse? In einigen Jahren werden wir ein lebendiges Peer-to-Peer-Netzwerk sein, eine florierende Community, die das Movement in der gesamten Deutschschweiz vorantreibt.

Für mich persönlich wäre es das Grösste, wenn eine der bestehenden WeNurse meinen Co-Founder und mich in der CEO-Rolle ablöst und dann das Unternehmen in die nächste Entwicklungsstufe bringt.

 

WeNurse: https://wenurse.ch/



Alessia Schrepfer absolvierte eine Berufslehre zur Fachfrau Gesundheit. Im Anschluss machte sie, berufsbegleitend zum Bachelor- und Masterstudium, Karriere von der Teamleiterin bis zur COO. Den Schritt in die Selbständigkeit wagte sie mit ihren Mitgründern im Oktober 2022: Gemeinsam gründeten sie WeNurse, den ersten Freelance Pool im Gesundheitswesen im Besitz der Mitarbeitenden. WeNurse hat heute 30 Mitunternehmende und ist in der Deutschschweiz operativ tätig.