Zurück in die Pflege - Das massgeschneiderte Wiedereinstiegsprogramm



Das MP Expertengespräch mit Pia Suter, Projektleiterin Pflege & MTTD, am Kantonsspital Aarau AG. 


Frau Suter, trotz Annahme der Pflegeinitiative verlassen schweizweit mehr als 300 Pflegende pro Monat den Beruf, wie der Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner festhält (1). Was sind die Gründe dafür? Die grosse Arbeitsbelastung im 24-Stundenbetrieb ist ein wichtiger Austrittsgrund für viele Pflegende. Daraus resultiert auch die ungenügende Vereinbarkeit zwischen Beruf und Privatleben. Strukturen, die familien- und freizeitfreundlich sind, werden benötigt. 


Gemeinsam mit Ihrem Team haben Sie ein Massnahmenbündel entwickelt, um den Exodus in der Pflege zu bremsen. Was bieten Sie Interessierten am Kantonsspital Aarau an? Wir haben im Kantonsspital Aarau erkannt, dass viele Frauen auch Mütter sind, die eine längere Berufspause seit der Geburt des Kindes hatten. Diese spielen mit dem Gedanken, zurück in die Pflege zu kommen. Die Hemmschwelle ist aber gross, weil sie die Digitalisierung der Arbeitsprozesse verpasst haben und denken, mit dem Fachkräftemangel werden sie nicht richtig eingeführt und «ins kalte Wasser» geworfen. Wir haben das erkannt und aufgenommen. Im Kantonspital Aarau bieten wir ein Wiedereinsteigerprogramm für Pflegefachkräfte. Die Widereinsteiger/innen sind angestellt und werden bis zu 6 Monate eingearbeitet und dort geschult, wo sie Nachholbedarf haben. So dass sie die Tätigkeiten in der Pflege wieder wie gewohnt oder sicher ausüben können.

Die längere Einarbeitung nimmt viel Druck weg und ist für einen erfolgreichen Wiedereinstieg ein wichtiges Puzzleteil. Nebst der persönlichen Einarbeitung haben wir Anleitungsvideos gedreht, die zur Verfügung stehen.


Das Wiedereinstiegsprogramm läuft seit einem Jahr. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Wir führen das Programm erfolgreich durch. Die Wiedereinsteiger/innen sind gut in die Teams integriert und arbeiten gerne wieder in der Pflege. Wir haben uns entschieden, das Programm zweimal pro Jahr durchzuführen. Nur wenige haben das Wiedereinsteigerprogramm aus persönlichen Gründen verlassen. Ich bin sehr zufrieden mit dem Verlauf und freue mich über jedes Zertifikat, welches ich am Ende des Wiedereinsteigerprogramms ausstellen darf.

 

Den Wiedereinstieg fördern ist gut, doch zusätzliche braucht es Massnahmen, mit denen der Berufsverbleib in der Pflege verlängert werden kann. Welche Ansatzpunkte sehen Sie dazu? Die Mitarbeitergewinnung ist wichtig, aber nachhaltiger ist die Mitarbeitererhaltung. Ist der Verbleib im Unternehmen nicht möglich, ist die Rekrutierung und Einarbeitung von neuen Kolleginnen und Kollegen jedoch aufwändig und teuer. 

Unsere Geschäftsleitung hat effektive Massnahmen getroffen, die den Personalerhalt unterstützen sollen: flexiblere Arbeitszeitmodelle, mindestens 5 Wochen Ferien für alle Mitarbeitende, einen Pflege-Flexpool, höhere Zulagen für Nacht- und Wochenendarbeit, usw.

  



Pia Suter ist Projektleiterin für das Wiedereinstiegsprogramm und hat 
15 Jahre Berufserfahrung als diplomierte Pflegefachfrau HF auf einer chirurgischen Bettenstation. 
Sie war während der Coronapandemie die Koordinatorin im KSA-Impfzentrum

und hat danach die Projektleitung sowie den Auf- und Ausbau des Wiedereinstiegsprogramms übernommen. Als Mutter von zweischulpflichtigen Kindern ist ihr der Spagat zwischen Familie und Beruf nicht fremd. Zurzeit arbeitet sie als Stationsleitung auf einer chirurgischen Bildungsstation am Kantonsspital Aarau.