Mut machen, über psychische Belastungen zu sprechen.
Das MP Expertengespräch mit Roger Staub, dem Geschäftsleiter der Schweizerische
Stiftung Pro Mente Sana, welche
seit über 40 Jahren die Anliegen und Rechte von Menschen mit einer psychischen
Beeinträchtigung vertritt.
Herr Staub, jeder zweite Mensch erkrankt in seinem Leben einmal psychisch. Die Kampagne «Wie geht’s Dir?» die u.a. zahlreiche Plakatwände ziert, soll Mut machen, über psychische Belastungen zu sprechen. Wie beurteilen Sie den Erfolg dieser Aktion? Unsere Kampagne, die auf verschiedenen Kanälen erscheint, soll in erster Line einen Beitrag zur Enttabuisierung von psychischen Beeinträchtigungen leisten und motivieren, auch über Herausforderungen der psychischen Gesundheit zu sprechen. Leider ist dieses Thema in unserer Leistungsgesellschaft noch immer mit Scham und Schweigen belegt. In vielen Fällen wissen sowohl Betroffene wie auch Beobachtende nicht, wie ein Gespräch dazu begonnen werden kann. Mit der schlichten Frage «Wie geht’s Dir?» und der Bereitschaft zuzuhören, kann Raum für vieles geschafft werden. Hinsichtlich des Erfolges der Kampagnen gibt es zwei Aussagen: Der Wiedererkennungswert ist hoch, aber bis offen auch über psychische Belastung gesprochen wird, braucht es noch einige Jahre an Aufklärung. Das war beim Thema Aids auch nicht anders!
Mit dem ambitionierten wie spannenden Projekt ensa, einem «Erste Hilfe Kurs für psychische Gesundheit» will die Pro Mente Sana Laien befähigen, psychische Beeinträchtigungen zu erkennen und die Betroffenen darin unterstützen, sich professionelle Hilfe zu holen. Wie ist dieses Projekt entstanden? Mit Unterstützung der Beisheim Stiftung ist es uns gelungen, das australische ‘Mental Health First Aid-Programm’ in die Schweiz zu bringen. Der Erfolg des Programms, weltweit haben bereits über 3 Mio. Menschen den Kurs besucht, begründet sich auch auf seiner wissenschaftlichen Basis. Über 30 randomisierte Studien und 2 Metaanalysen belegen die Wirksamkeit der ersten Hilfe bei einer psychischen Beeinträchtigung. Genauso wie Nothelfer-Kurse in der Schweiz zur Selbstverständlichkeit gehören, soll ensa künftig einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der psychischen Gesundheit unserer Bevölkerung leisten. Bereits haben mehrere grosse Schweizer Unternehmen begonnen, Mitarbeitende mit ensa zu schulen, ein Anfang ist gemacht!
Welche Absicht steht hinter dem „mental help club“ der Pro Mente Sana? Im mental help club sollen Menschen Mitglied werden, die uns unterstützen und mit uns in Kontakt bleiben wollen. Psychische Gesundheit hat viel mit „in Beziehung sein“ zu tun. Mit der Rechtsform „Stiftung“ gibt es bei uns keine Möglichkeit der Mitgliedschaft. Mit den Mitgliedern im mental help club bleiben wir in Beziehung: wir produzieren zweimal pro Jahr das Magazin KONTEXT und bei Bedarf elektronische Newsletter mit Informationen, Veranstaltungen und speziellen, exklusiven Angeboten. Von den Mitgliedern erhoffen wir uns, dass sie unsere Anliegen unterstützen und nach Möglichkeit unsere Arbeit auch finanziell unterstützen.
Last but not least wollen wir die Prävention thematisieren. Was ist ihr persönlicher Tipp, Herr Staub, um psychisch im Gleichgewicht zu bleiben? Für mich persönlich sind die folgenden drei Punkte wesentlich: In Bewegung bleiben, damit verbessere ich auch meine körperliche Fitness. In Kontakt bleiben, die Pflege persönlicher Beziehungen in allen Lebenslagen ist zentral. Gerade wenn es mir einmal nicht gut geht, so sind meine Nächsten für mich eine grosse Hilfe. Und ‘last but not least’: Sich regelmässig etwas Gutes tun! Für mich heisst das beispielsweise, die Segel setzen und mich auf dem Wasser erholen.