Ärzte haben immer weniger Zeit für Patienten

Spitalärzte in der Akutsomatik verbringen pro Tag durchschnittlich 26 Minuten mehr mit Dokumentationsarbeiten als im Jahr 2011. Dies zeigt die neuste Begleitstudie der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH). Ähnliche Entwicklungen sind auch in der Psychiatrie, wie auch in der Rehabilitation zu beobachten. Nur rund ein Drittel des Tages verbringen Ärztinnen und Ärzte der Akutsomatik und Psychiatrie mit medizinischen, patientennahen Tätigkeiten. In der Rehabilitation ist es im Schnitt sogar nur noch rund ein Fünftel, also weniger als zwei Stunden pro Tag. Diese nicht neue, doch in ihrem Ausmass beunruhigende Feststellung kann uns nicht gleichgültig sein. Weder als potentielle Patienten noch als Health Professionals.


Setzt man diese Zahlen in Zusammenhang mit den sensiblen Themen Patientensicherheit und -zufriedenheit, so stellen sich gewichtige Fragen. Sowohl die Sicherheit wie auch die Patientenzufriedenheit erfordern ein gewisses Mass an direkter Interaktion zwischen Arzt und Patient. Zudem wollen die heutigen Patienten zeitnah und transparent betreffend ihrer Diagnose und Behandlung informiert werden. Im Bereich Fehlerprävention leisten Patientenbeobachtungen eine wertvolle Grundlage, wie die Stiftung für Patientensicherheit belegt. Doch Patienten und Ärzte benötigen dafür eine vertrauensvolle Kommunikationsbasis und eine solche ist nicht nur, aber auch zeitabhängig!


Die FHM Studie zeigt auch, dass trotz Zeit- und Leistungsdruck die grosse Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte mit ihren Arbeiten und Aufgaben insgesamt zufrieden ist. Doch die Tendenz ist abnehmend, gerade in der Akutsomatik und der Rehabilitation machen sich Ärzte auch vermehrt Gedanken über eine Tätigkeit ausserhalb des Schweizerischen Gesundheitswesens. Auch dieser Umstand kann, beim herrschenden Fachkräftemangel, nicht einfach hingenommen werden.


Wo liegt das Verbesserungspotential? In erster Linie müssen die medizinischen Kern- wie auch Supportprozesse hinsichtlich Leistungserbringung überprüft werden. Wer macht was? An welcher Stelle des Prozesses wird eine Leistung kompetent und kostengünstig erbracht? Am Beispiel der redundanten Datenerfassung zeigt sich klar, dass in vielen Organisationen eine Steigerung der Effizienz vergleichsweise einfach möglich wäre. Ein weiteres Potenzial liegt in der Umverteilung von Aufgaben. Eine zusätzliche Verlagerung von administrativen Tätigkeiten zu Sekretariatsmitarbeiterinnen ist ebenfalls ein Potential, das noch nicht überall vollständig ausgeschöpft ist. Zu beachten ist, dass die zunehmende Digitalisierung der Daten in der Umstellungsphase mehr zeitlichen Aufwand erfordert. Zeitliche Einsparungen kommen erst zum Tragen, wenn das System etabliert ist.


Für eine Realisierung von Verbesserungen ist es zentral, pragmatische Lösungen mit den Ärzten und weiteren Betroffenen gemeinsam zu erarbeiten. Nur so kann eine erfolgreiche Umsetzung erreicht werden.